Digitalisierung. Megatrend, Hype und Revolution in einem. Mindestens aber ein Thema, das alle Teile eines Unternehmens, von der Geschäftsführung bis zum Arbeitnehmer, betrifft.
Die Notwendigkeit für Unternehmen, sich mit dieser Thematik zu beschäftigen, wird von Wissenschaftlern, Experten und von der Politik immer kräftiger betont und das mit voller Berechtigung. Die (Digitalisierungs-) Mechanismen und Technologien sind so vielfältig und mächtig, dass sich jedes Unternehmen bedienen und an der Gestaltung von digitalen Produkten, Prozessen und Geschäftsmodellen wachsen kann.
In unserem letzten Blogbeitrag haben wir bereits die wichtigsten Gründe analysiert, aus denen Digitalisierungsprojekte scheitern. Die Hauptgründe aus unserer Sicht als Softwareentwickler und Technologieberater sind zusammengefasst:
Vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) gelangen durch diese Gründe in eine Zwickmühle. Auf der einen Seite steht das Risiko, nicht den erwarteten Nutzen aus einem Digitalisierungsprojekt zu erlangen, auf der anderen Seite dürfen auch die vielen Möglichkeiten der Digitalisierung nicht unbeachtet bleiben.
Auf diese Frage kann und darf es keine allgemeingültige Antwort geben. Digitalisierungsprojekte können vom Friseursalon, bis hin zur Produktion hochpräziser Maschinen, sinnvoll sein, oder eben nicht. Dennoch erhöhen eine strukturierte Vorgehensweise und ein entsprechender Projektrahmen die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Projekt erfolgreich wird.
Die Thematik Digitalisierung betrifft das gesamte Unternehmen, weshalb eine Vernetzung von Mitarbeitern aus verschiedenen Abteilungen und Ebenen, Grundlage einer nachhaltigen Strategiedefinition ist. Das Thema Digitalisierung wird den beteiligten Personen im Unternehmenskontext als ergebnisoffene Diskussionsgrundlage vorgestellt und die Fachabteilungen erarbeiten gemeinsam Themen, bei denen grundsätzliches Potential gesehen wird.
Erfahrungsgemäß entsteht in einem solchen Gespräch eine umfangreiche Liste mit Themengebieten. Auf Grundlage dieser Themen, im Einklang mit Ihrer allgemeinen Unternehmensstrategie und Ausrichtung, wird eine Digitalisierungsstrategie mit kurz-, mittel- und langfristigen Zielen erstellt, die die einzelnen Themen priorisiert und clustert. Dabei kann sich die Ausrichtung der Strategie auf die drei Bereiche Prozess, Produkt und Geschäftsmodell beziehen.
Am offensichtlichsten ist das Potential für Digitalisierungsvorhaben im Bereich der Prozesse. Es kann sich dabei sowohl um Produktions-, als auch um Logistik- und Geschäftsprozesse handeln.
Deshalb ist das Prozessumfeld ein guter Ort, um Erfahrungen mit digitalen Technologien zu sammeln. Dennoch sollten aber auch die Produkt- und Geschäftsmodellebene nicht außer Acht gelassen werden. Beschäftigen Sie sich mit den Fragen, wie Ihr Produkt verändert werden kann. Welche Daten können Sie erheben und wie nützen diese Ihnen oder Ihrem Kunden. Wie wird sich Ihr Geschäftsmodell verändern?
Aus diesen Überlegungen lässt sich eine Road Map ableiten, die auch eine grobe Zeitschiene enthalten sollte. Ein empfehlenswertes Vorgehen ist es, einen Fachbereich zu identifizieren, in dem ein Pilotprojekt initiiert werden kann.
Ein Projekt kann nur dann erfolgreich sein, wenn auch tatsächlich ein Bedarf nach dessen Output besteht. Die Basis hierfür ist eine ausführliche Bedarfsanalyse. Bewährte Methoden für Ist-Analysen können genutzt werden. In der Produktion können zum Beispiel Vorgehensweisen aus dem Lean Management und der Wertstromanalyse angewendet werden. Ein typisches Ergebnis wäre zum Beispiel, dass in der Produktion auf Basis von ausgedruckten Produktionsaufträgen produziert wird.
Es ist zu prüfen, ob ein digitaler Business Case vorliegt und ob die identifizierten Pain Points für eine digitale Produktionsoptimierung geeignet sind. Im obigen Beispiel ist es denkbar, dass die papierbasierten Produktionsaufträge durch digitale Aufträge ersetzt werden, die der Mitarbeiter über ein Tablet erhält.
Beim Thema der Prozessverbesserung geht es einerseits darum, Kosten zu senken und die Qualität zu steigern. Andererseits muss den Entscheidern aber auch verdeutlicht werden, dass andere Faktoren, wie die Wandlungsfähigkeit der Prozesse und eine Steigerung des Kundennutzens, von hoher Bedeutung sind. Zusätzlich müssen im Rahmen von Digitalisierungsprojekten die Auswirkungen der Veränderungen auf andere Prozesse und Abteilungen mit einbezogen werden. In unserem Beispiel kann ein Auftragsabruf über Tablets gleichzeitig bedeuten, dass Informationen, wie zum Beispiel Bearbeitungszeiten oder Maschinenbelegung, erfasst werden, die wiederum für die Kapazitätsplanung und (automatisierte) Berechnung eines Liefertermins genutzt werden können.
Ein Festhalten der User Stories für den Anwendungsfall hilft, ein tieferliegendes Verständnis für die Veränderungen zu schaffen. Die User Stories beschreiben die Anforderungen eines Nutzers an den umgestellten Prozess. Sie werden für jeden Stakeholder in dem Format „Ich als <Rolle> möchte <Was>, <Warum>.“ aufgezeichnet. Diese Beschreibung ermöglicht es, den Entwicklungsprozess auf die Anforderungen zu konzentrieren.
Am Markt ist eine Vielzahl an Technologien, Softwareprodukten und Dienstleistungen verfügbar. Welche Technologie die Richtige ist, wird maßgeblich von den Faktoren Anwendungsfall, Unternehmensphilosophie, sowie den Rahmenbedingungen bestimmt. Am Beispiel der Umstellung von papierbasierten Produktionsaufträgen auf eine Tablet-Applikation, kann die Erfassung der damit verbundenen Eingaben und dessen Verarbeitung über ein MES-System erfolgen, wie es am Markt von vielen Herstellern angeboten wird. Eine Alternative ist die klassische Individualsoftwareentwicklung, die die gewünschte Funktionalität in einem auftragsspezifischen Projekt umsetzt. Eine zweite Option ist die Nutzung von Low Code Umgebungen mit Business Intelligence Lösungen und anderen Cloud Services.
Grundsätzlich ist es empfehlenswert, Standard-Unternehmensvorgänge mit Standardlösungen und individuelle Vorgänge mit individuellen Lösungen abzubilden.
Im Sinne der nachhaltigen Umsetzung eines Digitalisierungsprojektes ist es erforderlich, dieses als ein Projekt zu verstehen, welches die digitalen Strukturen schafft, um bestehende Prozesse, Produkte oder Geschäftsmodelle digital abzubilden und bestmöglich zu unterstützen.
Die Einbeziehung der späteren Anwender von Projektbeginn an spielt eine zentrale Rolle für dessen Erfolg. Egal, wie gut das System in der Theorie ist, wenn die späteren Anwender es nicht akzeptieren, einsetzen und konstruktives Feedback geben, sinkt die Erfolgswahrscheinlichkeit deutlich. Deshalb sollten bereits in frühen Projektphasen Prototypen entwickelt werden (angefangen bei sogenannten Papierprototypen), die die Digitalisierung erlebbar machen und die den Nutzen für den Anwender in den Vordergrund stellen. Diese Einschätzung wird von der Studie "Digitale Transformation 2018" gestützt:
„Der digitale Wandel wird von Menschen angetrieben – nicht von Technologien. Deshalb sind Digitalisierungsprojekte keine Technologieprojekte, sondern Business-Transformationsprojekte, die das gesamte Unternehmen und seine Kultur betreffen.“
Eine agile Vorgehensweise in der Projektumsetzung schafft Transparenz und minimiert Risiken, da die Nutzer innerhalb von kurzen Entwicklungszyklen schnell Feedback geben und Änderungen so mit geringem Aufwand umgesetzt werden können. Zudem ist die Entwicklung eines „Minimum viable Product“ ratsam, welches ein System mit minimalem, aber funktionsfähigem und produktiv einsetzbarem Inhalt ist. Durch diese bewährte Vorgehensweise wird handlungsrelevantes Feedback eingeholt und der Kundenbedarf geprüft.
Schließlich muss allen Projektbeteiligten bewusst sein, dass sich an ein Digitalisierungsprojekt zwangsläufig ein fortlaufender Prozess anschließt. In diesem Prozess werden die realen und digitalen Umstände immer weiter aneinander angepasst. Besonders zu beachten ist dies in einer Produkt- und Prozesslandschaft, die sich ständig verändert, sei es durch veränderte Kundenanforderungen oder durch interne Prozessoptimierungen.
Nach Projektabschluss sollten Sie sich nicht direkt in das nächste Vorhaben stürzen, sondern sich Zeit für die Dokumentation und Bewertung nehmen. Halten Sie fest, was gut gelaufen ist und in welchen Punkten Verbesserungsmöglichkeiten festgestellt wurden, die Sie in Folgeprojekten beachten sollten.
Im Anschluss an ein erfolgreiches Proof of Concept Projekt schließen sich typischerweise weitere Projekte an, welche unterschiedliche Problemstellungen im gesamten Unternehmen angehen. Dabei ist es von hoher Bedeutung, den Überblick über diese Vorhaben zu behalten und zu vermeiden, dass Insellösungen entstehen, die zwar in sich positive Effekte erzeugen, aber die größte Stärke der Digitalisierung verdecken. Der wirklich große Nutzen stellt sich erst ein, wenn unterschiedliche Projekte voneinander profitieren können. Dies geschieht dadurch, dass sie sich gegenseitig Informationen verfügbar machen, die es zuvor nicht gab. Wenn diese Effekte genutzt werden können, dann hat die Digitalisierung das Potential, neue Geschäftsmodelle zu ermöglichen und noch weitergehende Veränderungen anzustoßen. Deshalb lohnt es sich, während und zwischen Projekten immer wieder zu prüfen, wie die aktuelle Geschäftsstrategie neu gedacht werden kann.
Digitalisierung ist ein weites Feld, das unübersichtlich sein kann. Besonders groß ist die Herausforderung für KMUs, die weder über eine große Forschungs- und Entwicklungsabteilung, noch über eine große IT Abteilung verfügen, welche Kapazitäten haben, sich mit Themen rund um Digitalisierung zu beschäftigen. Projekte, die diese Kapazitäten schaffen, können aber gerade in KMUs große Effekte hervorrufen. Deshalb sollten sich Geschäftsführer, Projektleiter und Prozessverantwortliche Gedanken darüber machen, wie sich diese Kapazitäten im Geschäftsalltag schaffen lassen. Wie die erfolgreiche Umsetzung in der Praxis aussehen kann lesen Sie in unserem Beitrag Digitalisierung für die Windenergie - eine IT Roadmap
Eine Möglichkeit sind dabei Projekte, die von mehreren Unternehmen gemeinsam ins Leben gerufen werden. Eine andere Möglichkeit ist es, sich Unterstützung von externen Firmen zu holen.
Eine unabhängige Beratung und Projektunterstützung hilft dabei, die technologischen und organisatorischen Entwicklungsmöglichkeiten zu identifizieren und Best Practices aus absolvierten Projekten zu teilen.
Bei der Auswahl eines Partners sollte darauf geachtet werden, dass dieser dabei unterstützt, das benötigte Technologieverständnis im Unternehmen aufzubauen, damit dieses langfristig für das eigene Unternehmen verfügbar wird.
Für erste Projekte sind die beiden Grundsätze “Think big, start small” und „Fail often, fail fast, fail cheap“ eine gute Orientierungshilfe. Klären Sie außerdem die Fragen, „Warum“ und "Mit welchem Ziel" Sie ein Digitalisierungsprojekt angehen möchten. Die individuelle Projektgestaltung hängt ganz von den Anforderungen Ihres speziellen Falls ab. Deshalb ist es wichtig sich mit diesen Anforderungen schon in einer frühen Projektphase zu beschäftigen.
Die beschriebenen Punkte helfen Ihnen dabei, einen erfolgsversprechenden Rahmen zu setzen und die Gründe des Scheiterns von Digitalisierungsprojekten zu umgehen. Nehmen Sie bei Fragen rund um das Thema Umsetzung von Digitalisierungsprojekten gerne Kontakt mit uns auf.