Der weltweite Entwicklungstrend in Richtung Leichtbau zeigt sich besonders in der Luftfahrtindustrie. Bei der Entwicklung neuer ziviler Flugzeuggenerationen finden innovative Materialien, wie kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK), Einzug in tragende Strukturen. Mit dem A350 wurde bspw. seitens AIRBUS zum ersten Mal ein ziviles Flugzeug entwickelt, das zu einem überwiegenden Anteil aus CFK besteht.
Die Fertigung der Hautfelder aus dem Rumpfbereich dieses Flugzeugtyps erfolgt häufig mittels Automated Fiber Placement (AFP). Das Automated Fiber Placement ist eine der führenden Fertigungstechnologien im Bereich der kosteneffektiven, hochqualitativen Serienproduktion von Leichtbaustrukturen.
Der Einsatz von AFP-Prozessen verringert signifikant den Verschnitt des teuren CFK-Materials.
Die hierbei eingesetzten, mehrere Millimeter breiten und mit Harz vorgetränkten Kohlenstofffasern, sogenannte Tows, müssen möglichst belastungsfrei auf einer Werkzeugoberfläche abgelegt werden. Durch die, im Gegensatz zu Automated Tape Laying (ATL), erheblich schmaleren Towbreiten, ist es möglich das Material sehr nah an der gewünschten Kontur eines zu fertigenden Bauteils aufzubringen und den Verschnitt daher auf ein Minimum zu reduzieren, sowie die Materialeinsatzquote zu erhöhen.
Häufig sind jedoch belastungsfreie Ablagepfade durch heutige Bahnplanungsalgorithmen, aufgrund fehlender Materialmodelle und nur unzureichend CFK geeigneter Bahnplanungsoptimierungsalgorithmen, nicht garantiert, insbesondere nicht bei komplexen Bauteilen. Infolgedessen entstehen Lücken (Gaps), Überlappungen (Overlaps) und Ablösungen des Materials, die, in ihrer Form des Auftretens, nicht den Anforderungen der Bauteilauslegung und den an sie gestellten Strukturanforderungen (Design Requirements) genügen.
Aufgrund der zunehmenden geometrischen Komplexität von Bauteilflächen und der hohen Strukturanforderungen an die CFK-Laminate, wird die AFP-Anlagenprogrammierung häufig auch heute noch mühsam unter Einhaltung strenger Regeln manuell und unter großem Zeitaufwand durchgeführt. Nach abgeschlossener Programmierung kommen zwischen den einzelnen Fertigungsschritten zusätzlich zeitaufwendige Prüfverfahren zum Einsatz, die Fehlstellen im Laminat lokalisieren und klassifizieren.
Bauteile, die eine Prüfung nicht bestehen, durchlaufen so einen Großteil der Prozesskette und verursachen Mehrkosten, ohne zur Wertschöpfung beizutragen.
Das Problem liegt hier einerseits in der Entstehung einer Fehlerstelle und andererseits in der Dauer bis zur Erkennung des Fehlers.
Die nicht entdeckten und unkorrigierten Fehler verursachen zu einem späteren Zeitpunkt zudem Reparaturaufwände, zum überwiegenden Teil mit erheblichem Umfang und Kosten.
Eine Aufwandsreduktion und eine Steigerung der Prozesssicherheit werden geleistet durch eine Kombination aus
Lösungsmöglichkeiten, zur Vermeidung solcher Probleme, bietet z.B. die Implementierung einer Online-Inspektion und darauf aufbauend eine automatisierte Anpassung der Bahnprogrammierung. Eine mögliche Form der Inspektion ist die thermographische Überwachung im AFP-Prozess. Hierdurch werden Fehlstellen bereits während der Ablage erkannt und klassifiziert. Durch ein Mapping des TCP auf das Bauteil können die Positionen der auftretenden Fehlstellen ebenfalls direkt bestimmt werden.
Die Anreicherung der Bahnplanung durch Prozesswissen, welches im Fertigungsumfeld gesammelt wird, optimiert die NC-Programmierung von AFP-Anlagen im Zeitalter der Industrie 4.0 nachhaltig. Unter diesem Kredo drängt sich die Etablierung einer Architektur für den Informationsrückfluss und der automatisch iterativen Optimierung der Bahnplanung auf Basis von Fertigungswissen und Online-Überwachungsergebnissen auf. Gebündelt werden diese Technologien z.B. in der hauseigenen Software TapeStation.
Ein zweiter sinnvoller Optimierungsschritt besteht in der Anpassung der Bahnplanung. Dazu wird ein Bahnplanungsalgorithmus angewendet, der, automatisiert durch ein iteratives Verfahren, Courses zur Fertigung des Laminats, mit Berücksichtigung der vorgegebenen Fertigungsanforderungen, erzeugt. In einer Lage können die Courses so ausgerichtet werden, dass sich alle enthaltenen Gaps und Overlaps im Rahmen der vorgegebenen Toleranzen befinden und gleichzeitig Ondulationen in den Tows verhindert werden.
Als lernender Prozess leitet der Algorithmus weitere Regeln aus den Erfahrungswerten der Onlineüberwachung ab, um auch für neue Bauteile Ergebnisse zu erzielen, die den hohen Strukturanforderungen der Luftfahrtindustrie und Automobilbranche gerecht werden.
Abbildung 1: Lernende Bahnplanung auf Basis gewonnener Fertigungsergebnisse
Die Umsetzung des Informationsflusses zwischen dem physikalischen und virtuellen System, stellt hierbei eine Kernanforderung an die Kopplung der On- und Offlineansätze dar. Hierbei kommt das Wissen der Fertigungsingenieure in Form von Qualitätsanforderungen an das Bauteil und den automatisch ausgewerteten Daten aus der Fertigungsüberwachung zum Tragen. Dadurch kann ein System im Kontext zur Industrie 4.0 das „time to market“ für Bauteile aus kohlefaserverstärktem Kunststoff positiv beeinflussen.
Wenn Sie weitere Informationen wünschen, sei hier einmal auf die Veröffentlichung im JEC Magazin verwiesen „Automated path planning and thermographic monitoring for Automated Fiber Placement“ (Jec composites magazine; 2016, V.104, p. 76-78.).
Gerne können sie die Veröffentlichung auch über uns beziehen.
Über einen tieferen Erfahrungsaustausch, auch gerne auf der JEC World Messe in Paris, würden wir uns freuen.
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